Interview mit Alexander Roose, Head of Equities, und Jonathan Graas, Lead Fund Manager
Der DECALIA Circular Economy strategy investiert in den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft. Die Einführung zirkulärer Geschäftsmodelle bietet ein enormes Potenzial. Folgendes sollten Sie darüber wissen:
- Kreislaufwirtschaft bedeutet weit mehr als nur das Recycling gebrauchter Produkte
- Sie umfasst zwei Komponenten, einen technischen und einen biologischen Kreislauf; beide streben danach, wirtschaftliches Wachstum von der Verknappung begrenzt verfügbarer Ressourcen abzukoppeln
- Der Übergang zu unserem CIRCLE-Modell basiert auf sechs langfristigen Themen
- Enabler und Disruptoren spielen natürlich eine Schlüsselrolle, aber auch bei Verbesserern und Adoptern ist Wert zu finden
- Ungeachtet der aktuellen wirtschaftlichen Probleme existieren Katalysatoren für die Einführung von zirkulären Geschäftsmodellen, sowohl auf kurze als auch auf mittlere und lange Sicht
Ist wirtschaftliches Wachstum mit Dekarbonisierung vereinbar? Diese Frage war vielleicht noch nie so akut wie heute, wo die Welt gleichzeitig auf eine Rezession und eine Energieversorgungskrise zusteuert.
Während einige Ökonomen und Politiker argumentieren, dass die erforderlichen makroökonomischen Stimulierungsmassnahmen und die leicht verfügbaren Energiealternativen einfach nicht mit dem Erreichen von Netto-Null-Emissionszielen vereinbar sind, würden wir entgegnen, dass es vielmehr nötig ist, das gesamte Funktionieren unserer Wirtschaft zu überdenken. Genauer gesagt müssen wir unser lineares durch ein zirkuläres Modell ersetzen.
Alexander, Jonathan, könnten Sie zunächst den Rahmen der Kreislaufwirtschaft kurz erläutern, der weit über das einfache Recycling gebrauchter Produkte hinausgeht?
Das Konzept der Kreislaufwirtschaft geht auf das Jahr 2009 zurück, als es von der Ellen MacArthur Foundation vorgeschlagen wurde. Im Mittelpunkt steht das Ziel, „die wirtschaftliche Tätigkeit vom Verbrauch begrenzt verfügbarer Ressourcen abzukoppeln“. Es geht in der Tat nicht nur darum, Abfälle durch Recycling zu reduzieren, sondern die Produktion von Abfällen zu stoppen, indem Systeme entwickelt werden, bei denen die vorhandenen Ressourcen so genutzt werden, dass wir den grösstmöglichen Wert aus ihnen gewinnen, und mit der grösstmöglichen Effizienz.
Das nachstehende, so genannte „Schmetterlingsdiagramm“ stellt die beiden Flügel einer Kreislaufwirtschaft dar, wobei die inneren Kreisläufe jedes Flügels Vorrang vor den grösseren Kreisläufen haben sollten. Der rechte Flügel zeigt den technischen Kreislauf, der für begrenzt verfügbare Materialien gilt. Er ist mittlerweile allgemein bekannt und wird häufig mit dem Akronym 4R (reduce, reuse, recycle, repurpose – also reduzieren, wiederverwenden, recyceln und umnutzen) zusammengefasst.
Der biologische Kreislauf auf der linken Seite ist wahrscheinlich erklärungsbedürftiger. Er bezieht sich auf biologisch abbaubare Ressourcen mit dem Ziel, negative externe Effekte zu minimieren, die Biodiversität zu erhalten und letztlich das Naturkapital der Welt wiederherzustellen1.
Könnten Sie uns zum besseren Verständnis des biologischen Kreislaufs ein konkretes Beispiel nennen?
Algenöl ist ein gutes Beispiel. Es stützt sich auf einen Prozess, der so alt ist wie die Welt, nämlich Fermentation, und bietet eine Alternative zu Fischöl, dessen Produktion nicht nur die biologische Vielfalt unter Wasser bedroht, sondern auch einen grossen CO2-Fussabdruck hinterlässt (Sardellen werden vor der lateinamerikanischen Pazifikküste gefischt und dann per Schiff quer über den Globus transportiert). Abgesehen von einer Sammlung von Mikroorganismen und technologischem Know-how, zwei eindeutigen Eintrittsbarrieren, erfordert die Herstellung von Algenöl lediglich einen Zuckerrohstoff (Zuckerrohr, Rüben, je nach Region). Algenöl zeichnet sich nicht nur durch lobenswerte gesundheitliche Vorzüge aus (es verfügt über einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3), sondern ermöglicht es Unternehmen, die es anstelle von Fischöl verwenden, ihre Scope-3-Emissionen zu reduzieren2.
Was den von Decalia entwickelten Investitionsrahmen betrifft, so steht CIRCLE (Kreislauf) für sechs verschiedene Themen. Welche sind diese sechs langfristigen Trends, die Ihrer Meinung nach die Kreislaufwirtschaft von morgen prägen werden?
Das erste C bezeichnet logischerweise zirkuläre Modelle (circular models). Damit meinen wir Unternehmen, die gemeinsame Plattformen entwickeln und/oder Produkte als Dienstleistung verkaufen. Ein bekanntes Beispiel ist Etsy, der 70 Millionen Käufer starke digitale Marktplatz für Vintage- und handgefertigte Produkte.
Das I bezieht sich auf innovative Technologie, bei der Unternehmen das Potenzial der Digitalisierung optimal ausschöpfen, intelligente Produktionsprozesse einführen und innovative Finanzmodelle entwickeln. Docusign ist zum Beispiel ein Pionier bei Cloud-Lösungen für elektronische Unterschriften, durch die nicht nur wesentlich weniger Papier verbraucht wird (und damit natürliche Ressourcen geschont werden), sondern die auch wesentlich praktischer sind, um schneller Entscheidungen zu treffen.
Dann kommt das R, das für erneuerbare Energien (renewables) steht. Darunter fallen Unternehmen, die sich mit erneuerbaren Stromquellen, effizienteren Energielösungen und – im weiteren Sinne – mit dem so genannten „intelligenten Stromnetz“ beschäftigen, d. h. einem Stromübertragungssystem, das – auch hier – dank technologischer Verbesserungen, die eine bessere Überwachung der Nutzer ermöglichen, optimiert ist.
Shoals ist vielleicht ein weniger bekannter Name in diesem Bereich, spielt aber eine entscheidende Rolle bei der Integration grosser Solarparks in das Stromnetz. Das ermöglicht den Entwicklern von Solarprojekten eine wesentlich schlankere Verkabelungsarchitektur, die Einsparungen bei den Kosten für Arbeit (es werden keine Elektriker benötigt) und Rohstoffe (die Kabelwege werden um 90 % reduziert) ermöglicht und gleichzeitig die Effizienz und Zuverlässigkeit verbessert.
Das zweite C bezieht sich auf eine sauberere Umwelt (cleaner environment) und umfasst somit Unternehmen, die in den Bereichen Wasser- und Abfallaufbereitung, Recycling und umweltfreundliche Mobilität tätig sind. Oder anders ausgedrückt: Unternehmen, die dazu beitragen, Schadstoffe, Abfälle und Emissionen zu reduzieren, zu vermeiden
und/oder zu beseitigen.
Hier ist vor allem AO Smith zu nennen, ein führender Anbieter von energieeffizienten Wassererwärmungs- und aufbereitungsverfahren für den Wohnungssektor.
L steht für Lebensschutz, womit wir Unternehmen meinen, die Lösungen anbieten, um die Lebensdauer von Maschinen und vor allem die Biodiversität zu erhalten. John Deere fällt in diese Kategorie, denn das Unternehmen ist ein wichtiger Treiber der Präzisionslandwirtschaft, die datengestützte Technologien und Automatisierung einsetzt, um die Produktivität zu verbessern und gleichzeitig den Pflanzeneinsatz zu optimieren – auch als regenerative Landwirtschaft bezeichnet. Die KI-gesteuerten Traktoren, die John Deere auf den Markt bringen wird, werden es den Landwirten auch ermöglichen, wesentlich weniger Pestizide und Düngemittel zu verwenden.
Das E schliesslich bezieht sich auf Ökodesign (eco design), d. h. auf Unternehmen, die das Produktdesign und die Verpackung überdenken, um das Wiederverwendungs-, Recycling- und Reparaturpotenzial zu verbessern.
In diesem Zusammenhang fällt mir Autodesk ein, ein führendes Unternehmen im Bereich Softwaredesign für den Architektur-, Ingenieur- und Bausektor sowie für die Industrie im weiteren Sinne.
Einfach ausgedrückt und unter Bezugnahme auf unsere vorhergehende Ausgabe der Ecology Series, in der wir die potenziellen Energieeffizienzgewinne durch eine bessere Wärmedämmung bestehender Gebäude erörtert haben, ermöglicht die Software von Autodesk die Planung von Netto-Null-Gebäuden – einschliesslich eingebetteter Kohlenstoffemissionen.
Über der Strategie DECALIA Circular Economy
- Basierend auf einem zirkulären Geschäftsmodell, das in 6 langfristige Trends investiert (Circular Models (zirkuläre Modelle), Innovative Technology (innovative Technologie), Renewables (erneuerbare Energien), Cleaner Environment (sauberere Umwelt), Life Preservation (Lebensschutz), Eco Design (Ökodesign), die unter dem Akronym CIRCLE zusammengefasst sind
- Vorausschauende Perspektive: Investitionen nicht nur in reine Unternehmen der Kreislaufwirtschaft, sondern auch in Verbesserer, Unternehmen mit einem erheblichen ökologischen Fussabdruck und einem hohen Potenzial für marginale Auswirkungen
- Ein Team, das sich auf thematische Investitionen konzentriert und von einem erfahrenen Team geleitet wird: Alexander Roose (ehemaliger CIO des Fundamental Equity von Degroof Petercam AM) & Jonathan Graas (Ex-Lead PM von zwei nachhaltigen Themenfonds bei Degroof Petercam AM)
About DECALIA SA
Established in 2014, DECALIA SA is a Swiss investment management company. With more than 70 employees and assets under management that stand at €4.9 billion, DECALIA has expanded rapidly, in particular thanks to its active-management experience built up over the last 30 years by its founders. The strategies developed by DECALIA focus on four investment themes deemed promising in the long term: the disintermediation of the banking sector, the search for yield, long-term trends and market inefficiencies. DECALIA is regulated by FINMA through a collective assets manager’s license. In addition to its Geneva headquarter, the group has offices in Zurich, Milan & distributors of the DECALIA Sicav in Spain & Germany.